Ida Noddack-Tacke wurde am 25. Februar 1896 als Tochter des Lackfabrikanten Tacke geboren. Sie besuchte die „Höhere-Töchterschule“ in Wesel. Als sie erfuhr, dass seit 1908 auch Frauen zum Studium zugelassen wurden, beschloss sie, das Abitur abzulegen. Ihr Vater unterstützte ihre Ambitionen bereitwillig und finanziell großzügig, wenn auch mit dem Hintergedanken, Ida könne einmal die väterliche Fabrik übernehmen. Das Wesel nächstgelegene Mädchengymnasium war die St. Ursula-Schule in Aachen, das allerdings noch keine Prüfungsberechtigung hatte. Ida legte also ihre Abitur-Prüfung extern ab und ging anschließend nach Berlin an die Technische Hochschule. Als eine der ersten Frauen in Deutschland studierte sie von 1915-1921 Chemie. Sie war sich ihrer besonderen Rolle als studierende junge Frau bewusst und fand Kontakte zum „Verein studierender Frauen“. 1919 legte sie ihre Diplom-Prüfung ab. In diesem Jahr erhielt sie für eine weitere wissenschaftliche Arbeit den 1. Preis der Abteilung für Hüttenkunde der Technischen Hochschule Charlottenburg.
1921 promovierte Ida Tacke zum Dr. Ing mit einer Arbeit über Die Anhydride höherer aliphatischer Fettsäuren. Danach arbeitete sie rund zwei Jahre in der Wirtschaft. Als sich die Gelegenheit zur Rückkehr in die Forschung bot, gab sie ihre Stelle auf und widmete sich zusammen mit dem Chemiker Walter Noddack der Suche nach den noch unbekannten Elementen mit den Nummern 43 und 75 im Periodensystem. Die Forschungstätigkeit war mit harter körperlicher Arbeit und vielen Reisen ins Ausland verbunden, da das gesuchte Element nur im Gestein der Erdkruste vorkommt.
Drei Jahre später war dem Forscherpaar die Entdeckung der gesuchten Elemente, die sie Rhenium und Masurium nannten, durch die Analyse ihres Röntgenspektrums gelungen.
1926 heirateten Ida Tacke und Walter Noddack. 1926 hielt Ida auch ihren ersten wissenschaftlichen Vortrag vor 900 Chemikern. Der Vortrag kam einer Sensation gleich. Eine zeitgenössische Stimme dazu: „Heute hat bei uns zum erstenmal ein Mädchen geredet – und sie hat es sogar gut gemacht.“
Viel Staub wirbelte Ida Noddack-Tacke 1934 mit ihrer These auf, Urankerne könnten bei Neutronenbeschuss in größere Bruchstücke zerfallen. Lise Meitner, Otto Hahn und Fritz Strassmann gelang vier Jahre später die Kernspaltung! Ida Noddack-Tackes frühe Erkenntnis würdigte Otto Hahn – jedoch erst 1966 – mit dem Ausspruch: „Und die Ida hatte doch Recht“.
Das Ehepaar Noddack beschäftigte sich mit dem ubiquitären Vorkommen der Elemente. So gelang es ihnen, Spuren seltener Elemente in Meerestieren und in Meteoritengestein nachzuweisen. Mit dem Postulat von der Allgegenwart der Elemente schufen sie die Grundlagen für die Chemie der Spurenelemente und die Kosmochemie. Rund 50 Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Zeitschriften zeugen von Ida Noddack-Tackes wissenschaftlicher Produktivität. Zusammen mit ihrem Mann erhielt sie als erste und bislang einzige Frau die Liebig-Gedenkmünze des Vereins Deutscher Chemiker und die Scheele-Medaille der Schwedischen Chemischen Gesellschaft.
Das Ehepaar Noddack wurde zwischen 1932 und 1937 zehnmal für den Nobelpreis vorgeschlagen, verliehen wurde er ihnen nicht, wohl auch, weil man in Schweden keine Forscher aus dem nationalsozialistischen Deutschenland ehren wollte. Ida Noddack starb am 24. September 1978 in Bad Neuenahr.
Bärbel Reining-Bender/ Wesel
Orte:Ida-Noddack-Straße 44, 46485 Wesel
Literatur:Noddack, Ida, Über das Element 93, in: Angewandte Chemie, 47. Jg. (1934), S. 653–655.
Schubert, Fritz, Die "deutsche Marie Curie"; Serie in der Rheinischen Post (RP), Berühmte Niederrheiner, 36. Jg., Düsseldorf, 15. August 2009, S. B 6 (mit 3 s/w Fotos).
Beitrag (ohne Bilder und Quellen) lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0, International Lizenz Creative Commons Lizenzvertrag
Copyright © 2022 frauen/ruhr/geschichte und Autor:innen.