Hulda Droste kam in Bochum zur Welt, in einer belesenen, kulturell aufgeschlossenen und politisch liberalen Familie. Die Eltern schrieben beide für den Dortmunder Generalanzeiger. Huldas Bruder wurde Zeitungsverleger, gründete später den Droste-Verlag und das Pressehaus in Düsseldorf. Nach einem Studium der Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte in Jena wählte sie zunächst den Beruf der Bibliothekarin und damit ein Arbeitsfeld, das sich bürgerliche Frauen als eines der ersten zur außerhäuslichen Erwerbsarbeit angeeignet hatten. In Bochum richtete sie später die erste Kinderbibliothek ein.
Doch schon bald begann sie als Feuilletonredakteurin beim Düsseldorfer Stadt-Anzeiger, später Der Mittag, ihres Bruders. Sie erfand die Themenseite „Das geistige Leben“, gestaltete die Frauenbeilage und verfasste Theater-, Film-, Kabarett- und Buchbesprechungen. Sie wurde Teil des kulturellen Lebens der Stadt und berichtete darüber. 1923 half sie Ernst Friederich bei der Publikation seines Fotobuches gegen den Krieg. Bei der Düsseldorfer Galeristin Johanna Ey lernte sie den Maler Otto Pankok kennen. Sie heirateten 1921. Tochter Eva wurde 1925 geboren.
Mit Beginn des Westdeutschen Rundfunks im Jahre 1923 begann Hulda Pankok auch für dieses neue Medium zu arbeiten. So entstand an Originalschauplätzen eine Reportage über den spanischen Maler El Greco.
Hulda Pankok war eine selbstbewusste und mutige Frau. Als das junge Paar in der Zwischenkriegszeit keine Wohnung erhielt, machte sich Hulda jeden Tag unermüdlich auf den Weg ins Düsseldorfer Wohnungsamt, immer mit demselben grünen Kleid zur Steigerung des Wiedererkennungswertes. Durch ihre optisch verstärkte Hartnäckigkeit erhielt sie eine kleine Wohnung, allerdings wollte der Vermieter sie nicht einziehen lassen, weil das junge Paar einen Teppich mitbrachte: Es hieß, Leute mit Teppich wollten den Dreck unter den Teppich kehren!
Schon während der Weimarer Republik schrieb Hulda Pankok gegen zunehmende politische Intoleranz, rassistische Ausgrenzung und Kriegstreiberei an, hielt Vorträge in der jüdischen Gemeinde Düsseldorf, eröffnete eine Ausstellung von Käthe Kollwitz: klare Bekenntnisse in einer zunehmend antisemitischen und nationalistischen Zeit. Durch geistesgegenwärtiges, resolutes Auftreten verhinderte sie nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten die Inhaftierung ihres Mannes. Die Familie entzog sich Berufsverboten und politischer Verfolgung, indem sie in der Provinz untertauchte. In der Eifel fand sie Unterschlupf in einem kleinen Bauernhaus, hier versteckten die Pankoks den Maler Matthias Barz und Hilde Stein, seine jüdische Frau. Hulda Pankok lavierte mit Zivilcourage die Familie immer wieder durch lebensgefährliche Situationen im nationalsozialistischen Terror. Sie lebte in ständiger Angst und war sich schmerzlich bewusst, dass Kind und Mann – ein durch und durch pazifistischer, humanistischer Künstler der sogenannten „Entarteten Kunst“ und ein kleines Mädchen – ohne ihre Fürsorge im Terror des Dritten Reiches wenig Überlebenschancen besaßen: „Nie werden wir uns trennen. So lange Hitler da ist, muss ich Euch beide jeden Abend ins Bett bringen.“
Die Befreiung durch die Amerikaner erlebte die Familie Pankok zusammen mit einem polnischen und einem russischen Zwangsarbeiter in der Eifel. Während in Berlin noch erbittert gekämpft wurde, begann die britische Militärregierung in Aachen bereits mit der Reorganisation des politischen Lebens und bat die politisch unbelastete Hulda Pankok um Mithilfe.
In der direkten Nachkriegszeit gründete Hulda Pankok den Drei Eulen-Verlag. Die drei Eulen standen für die drei Pankoks. Als Verlegerin wollte sie nach den Zeiten des Ungeistes gerettete Kunstwerke und Literaturen als Bezugspunkte einer neuen humanistischen Kultur bekannt machen. Das Programm des Verlages stand nach Auschwitz in der Tradition der Aufklärung für Bildung, Wissen, Schönheit.
Umso entsetzter reagierten die Pankoks 1950 auf die militärische Aufrüstung der jungen Bundesrepublik. Für Hulda Pankok war es undenkbar, dass Frauen und Mütter nach zwei Weltkriegen erneut ihre Männer in einen Krieg schicken sollten. Sie gründete deshalb die Frauenpartei mit dem Ziel, den Stimmen der Frauen in den Aufrüstungsdebatten Gehör zu verschaffen. Sie überführte diese Frauenstimmen später in die Gesamtdeutsche Volkspartei, mit der Gustav Heinemann als Präses der evangelischen Synode und Helene Wessel als ehemalige Vorsitzende der katholischen Zentrumspartei ab 1952 an die Öffentlichkeit traten. Sie argumentierten für das Prinzip der Verhandlung in einem Europa der Dritten Kraft. Zusammen mit Otto Pankok kämpfte Hulda in der Friedenbewegung gegen die Atombewaffnung, sie unterstützten die politischen Ziele von Heinemann und Wessel. Wie diese wurden sie dafür im Westdeutschland des Kalten Krieges als Handlanger der Kommunisten diffamiert.
1953 erhielt Hulda Pankok eine Einladung nach Jugoslawien. Sie besuchte Orte, die unter dem deutschen Faschismus gelitten hatten und vertrat dort ein Westdeutschland der Versöhnung und Verständigung. Über diese frühe Jugoslawienreise schrieb sie ein Buch: Jugoslawische Erlebnisse.
Nach Otto Pankoks Lehrtätigkeit an der Kunstakademie Düsseldorf erwarb die Familie das Haus Esselt in Hünxe-Drevenack. Hier pflegte Hulda Pankok ihren Mann bis zu seinem Tode 1966. Von nun an lebte sie für sein Werk. Zusammen mit Tochter Eva baute sie das Wirtschaftsgebäude des Herrenhauses zum Otto-Pankok-Museum um. Sie richteten ein Archiv ein, vermittelten die Bilderwelt Otto Pankoks, sicherten die Rechte an seinen Kunstwerken. Sie machten das Otto-Pankok-Museum weit über den Niederrhein hinaus bekannt. Am 8. Januar 1985 verstarb Hulda Pankok in Hünxe. Tochter Eva Pankok führt das Vermächtnis ihrer Eltern weiter.
Am 15. Dezember 2014 wurde Hulda Pankok zusammen mit ihrem Mann sowie dem Pastor Joseph Edmonds von Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet, weil sie 1944 den politisch verfehmten Maler Mathias Barz und seine jüdische Frau Hilda versteckten. Tochter Eva Pankok nahm im Berliner Kammergericht die Auszeichnung entgegen.
Dr. Uta C. Schmidt / frauen/ruhr/geschichte
Orte:Otto-Pankok-Museum Haus Esselt, Otto-Pankok-Weg 4, 46569 Hünxe
Literatur:Pankok, Eva, Hulda Pankok – Ein erfülltes Leben, in: Neuhaus-Koch, Ariane (Hg.), Der eigene Blick. Frauen-Geschichte und –kultur in Düsseldorf, Neuss 1989, S. 203-218.
Aus meinem Leben mit Otto Pankok: Hulda Pankok erzählt im Gespräch, aufgezeichnet im Herbst 1976 im Otto-Pankok-Museum Haus Esselt, Düsseldorf 1983.
Pankok, Hulda, Jugoslawische Erlebnisse, Darmstadt 196.
Eva Pankok über ihre Mutter: http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/frauenarchiv/ddorf/wohnorte/pankok_03.html
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