Aletta Noot hatte einen entscheidenden Anteil am Erfolg der Kaufmannsfamilie Haniel. Jahrzehntelang leitete sie selbstständig die Geschäfte der Firma, expandierte und schuf damit die Grundlage für den Aufstieg ihres Sohnes Franz, den späteren „Industriepionier“.
Als Tochter des Duisburger Kaufmanns Jan Willem Noot und seiner Frau Catharina, geborene Erckenswick, erhielt sie eine gute Erziehung. Sie wurde 1742 als zweites von neun Kindern geboren. Ihr Vater war zunächst Zollbeseher in Orsoy am Niederrhein gewesen, bevor er nach Ruhrort (heute: Duisburg) zog und dort das Amt des „Zoll- und Lizentbesehers“ ausübte. Als Erbauer des dortigen Packhauses betrieb der Vater auch Lagerhaltung für Kolonialwaren. In Ruhrort wuchs Aletta Noot auf. Einige Schuljahre verbrachte sie in einem Pensionat in den Niederlanden und erlernte dort u.a. die französische Sprache. Schon früh zeigte sie Selbstbewusstsein und Verhandlungsgeschick: Während des Siebenjährigen Krieges erreichte sie die freie Rückkehr für ihren Vater, der vor französischer Gefangenschaft geflohen war. Der Verhandlungspartner des erst sechzehnjährigen Mädchens war in dieser Sache kein Geringerer als der Oberbefehlshaber der französischen Rheinarmee, Marschall Marquis de Contades.
Im Alter von 19 Jahren heiratete sie Jacob Wilhelm Haniel, einen Duisburger Kaufmann. Aus der Ehe gingen 11 Kinder hervor, von denen nur vier überlebten. Die Familie wohnte zunächst in Duisburg, wo Jacob Haniel einen Weinhandel und eine Spedition betrieb. Später zog man auf Betreiben Aletta Haniels nach Ruhrort. Hier übernahm Ehemann Jacob das Packhaus seines Schwiegervaters Noot. Nach dem frühen Tod ihres Mannes 1782 führte Aletta Haniel nun den Betrieb unter dem Namen Jb. Wm. Haniel seel. Wittib weiter. Zur damaligen Zeit konnte sie als Frau nicht unter ihrem eigenen Namen firmieren. Dennoch agierte sie als selbstständige und tatkräftige Geschäftsfrau.
Aus der Erbmasse der Noots erwarb sie für 4.500 Reichstaler das Packhaus als Wohnhaus und Lager. Den ursprünglichen Handelsgütern Kaffee, Wein und Zucker fügte sie neue hinzu, die später für die Laufbahn ihres Sohnes Franz bedeutungsvoll werden: 1792 übernahm die tüchtige Geschäftsfrau die Spedition von Eisenwaren. Seit 1792 besorgte sie die Spedition für die Hütten „St. Antony“ und „Gute Hoffnung“ bei Sterkrade und Osterfeld (Munition) und seit 1793 auch für die Hütte „Neu-Essen“. 1796 wurde sie Teilhaberin an einer Kohlenhandelsgesellschaft. Durch Eingabe beim preußischen König erreichte sie gegen den Widerstand der Ruhrorter Kohlenhändler, dass sie am Ruhrorter Hafen eine eigene Niederlage für ihre Kohlenhandlung erhielt, die sie als erste in der Haniel-Familie eröffnet hatte. Darauf aufbauend eröffneten die Söhne ebenfalls Kohlenhandlungen. Namhafte Unternehmen zählten zu den Kunden.
Seit 1790 arbeiteten zunächst ihr Sohn Wilhelm und ab 1796 die Söhne Gerhard und Franz im mütterlichen Geschäft. Sie bildete ihre Söhne selbst aus und machte sie ab 1802 zu Teilhabern. Erst im Alter von 65 Jahren überschrieb sie ihnen vollständig den Betrieb. Damit erlosch ihre Firma und wurde unter Gerhard und Franz Haniel aufgeteilt. Aletta Haniel starb 1815, mit 73 Jahren, in Ruhrort. Das Unternehmen, dessen Aufstieg sie mit begründete, ehrt ihr Andenken und benannte später eines seiner Schiffe nach der bedeutenden Vorfahrin.
Andrea Kiendl/ Dortmund
Orte:Haniel Museum, Franz-Haniel-Platz 3, 47119 Duisburg-Ruhrort
Literatur:Franz Haniel & Cie. GmbH (Hg.),Haniel 1756-2006. Eine Chronik in Daten und Fakten, Duisburg 2006.
Frauengeschichtsprojekt Rheinberg, Starke Frauen in der Geschichte Orsoys – eine kleine Orsoyer Frauengeschichte, in: Stadt Rheinberg/ Der Bürgermeister (Hg.), 775 Jahre Stadt Rechte. 150 Jahre Rheinische Städteordnung. Aspekte der Rheinberger Stadtgeschichte. Aufsätze zur stadt- und regionalhistorischen Vortragsreihe der Volkshochschule und des Stadtarchivs. Schriften der Stadt Rheinberg zur Geschichteund Heimatkunde, Bd. 15, Rheinberg 2008, S. 55-73.
Spethmann, Hans, Franz Haniel. Sein Leben und seine Werke, Duisburg 1956.
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